War es nie eine Option, dass dein Bruder den Betrieb übernimmt?
Karen Suter: Mein Bruder hat leidenschaftlich gerne Musik gemacht, wollte schon immer Musik studieren, hat sich aber nicht getraut. Dann hat er Kulturwissenschaften in Lüneburg studiert, zeitgleich mit meiner Ausbildung in Hannover angefangen. Wir waren uns immer sehr nahe und sind uns auch noch immer sehr ähnlich. Später hat er Musik studiert in Hilversum und Amsterdam: Jazz-Gitarre. Damit war klar, dass er nicht mehr in die Firma einsteigen wollte.
Erinnerst du dich noch an deinen ersten Tag als Chefin?
Karen Suter: Ich bin vor Beendigung der Meister Ausbildung schon kurz zurückgegangen nach Bremervörde und habe da gearbeitet. Gleichzeitig habe ich alle Teile der Meisterprüfung gemacht, das meiste in Hannover, den Abschluss in Halle an der Saale. Zu Trainings Zwecken bin ich noch mal nach Hause gegangen und habe richtig geübt und gelernt. Von daher war ich schon so ein bisschen in der Mini Chef Rolle. Zudem war ich schwanger. Bei der Meisterprüfung unsere Tochter bereits unterwegs.
Wie war für dich der Rollenwechsel von der Unternehmertochter zur Vorgesetzten, die auch die gesamte Verantwortung trägt?
Karen Suter: Das war ein schleichender Prozess, ich kannte unsere Mitarbeiter schon lange und bin mit sehr vielen auf Du und Du gewesen. Von daher war das ein sehr wohlwollendes Miteinander. Mein Vater hat viele Aufgaben in technischer Hinsicht, die ich besser konnte, die auch viel moderner und neuer waren, mir überlassen. Ich habe mich in Ruhe eingearbeitet und das haben wir auch dann weiter so beibehalten. Zudem hatte ich großen Respekt davor, weil es so ein Paradigmenwechsel ist. Von Alt auf Jung, von Mann und Frau. Glauben die mir das eigentlich? Bin ich dem gewachsen? Aber das hat sich natürlich gezeigt, dass ich das kann. Aber ich war da sehr skeptisch zu Anfang, ob ich dem wirklich so gewachsen bin. Aber es natürlich auch Reibungspunkte gegeben hat, da waren wirklich zwei Generationen gemeinsam am Werk.
Wie bist du als junge Chefin in die Mitarbeiterführung hineingewachsen?
Karen Suter: Wir sind aufeinandergetroffen, als junge Meisterin, als junge Chefin bist du ja noch gar nicht qualifiziert. Auf der einen Seite noch Fachidiot, gleichzeitig stolz wie Bolle, dass du das jetzt hast. Aber ich hatte in dieser Hinsicht noch überhaupt gar keine Erfahrung mit Mitarbeiterführung oder mit unternehmerischen Entscheidungen. Da musste ich erst mal hineinwachsen und dann das übernehmen, so wie Papa das gemacht hat. In der Reflektion habe ich gemerkt: Nein, das würd ich aber anders tun. Oder will ich das eigentlich so? Unser Prozess hat darin bestanden, dass wir feststellen mussten, dass der Stil der Vorgänger nicht immer der ist, der zu einem selber passt.
Welche Unterstützung hast du in diesem Prozess von außen erfahren?
Karen Suter: Mein Mann ich haben ganz viel durch Training, Fortbildung, Mentoring, in den letzten 20 Jahren dazu gelernt und uns weiterentwickelt. Parallel dazu kamen die Kinder, dann lag der Fokus natürlich auch auf ihnen. Erst als die Kinder größer waren und ein bisschen mehr allein gelassen werden konnten wir uns wieder mehr um Fortbildungen kümmern.
Während der letzten Jahrzehnte hat sich in der Branche auch sehr viel verändert?
Karen Suter: Es gab Veränderungen des Arbeitnehmer-Marktes. Wie gehst du mit deinen Mitarbeitern um? Schaffst du es, aus einem Unternehmen einen Organismus zu machen? Ich glaube, das unterscheidet sich deutlich von den Vorgängergeneration, ohne das bewerten zu wollen. Heute sind die Bedürfnisse der Menschen, die in einem Arbeitsorganismus arbeiten, ganz andere als damals. Was vor 40 Jahren ging, wird heute sicherlich nur kurzen Erfolg haben. In diesem Wandel bist du als Unternehmer oder Führungsperson gefordert, dich ständig weiterzuentwickeln, genauso wie du dein Unternehmen weiterentwickeln musst. Ich glaube, das ist ein ganz großer Aspekt, der auch in Zukunft viel Raum einnehmen wird und erfolgreiche Unternehmen von normalen Unternehmen unterscheidet. Schaffst du es aus deinem kleinen Kosmos einen gesunden Organismus zu machen, der auch erfolgreich ist?
Das Interview "gestern - heute - morgen" Teil 2 des Gesprächs erscheint in der kommenden Ausgabe
Das Interview führte der Fernsehjournalist Rainer Wälde aus Frielendorf bei Kassel